2019 — Kein weiter so!

Dr. Ralf Sibben, Hauptgeschäftsführer Unternehmerschaft Niederrhein

Die Zeiten sind nicht schlecht, aber es geht nicht ungebremst und mit der selben Dynamik immer weiter nach oben – so könnte man den Ausblick von Dr. Ralf Sibben, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerschaft Niederrhein, kurz zusammenfassen.

„Die Unternehmen schauen mittlerweile weniger optimistisch als in den letzten Jahren in die Zukunft. Die Exporterwartungen sind rückläufig und aufgrund der insgesamt nachlassenden Weltwirtschaft planen erste Unternehmen bereits sogenannte Effizienzprogramme“, so Dr. Sibben. Hiermit sind zuallererst Einsparungen in den Konzernverwaltungen der großen Unternehmen gemeint. Die Folgen werden am Niederrhein nicht sofort zu spüren sein, wenn man aber z.B. an Bayer und den geplanten konzernweiten Abbau von 12.000 Stellen denkt, sind diese Maßnahmen doch nicht allzu weit entfernt.

Für die Region wesentlich entscheidender sind jedoch die mittelständischen Unternehmen. Nicht nur am Niederrhein, deutschlandweit stellen sie rund 60 % der sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze, hier werden acht von zehn Azubis ausgebildet und innovative Produkte und Verfahren entwickelt. Sie stehen nach wie vor gut da und die Auftragsbücher sind gut gefüllt - auch wenn die Aufträge vermehrt aus dem Inland kommen.

Viel gravierender ist, dass es an gut qualifizierten Arbeitskräften fehlt, die die Aufträge bearbeiten. „Nicht nur die fortschreitende Digitalisierung in nahezu allen Branchen stellt andere Anforderungen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Um weiterhin ausreichend qualifiziertes Personal verfügbar zu haben, ist es eine der größten Herausforderungen der nächsten Jahre, die Menschen weiterzubilden bzw. sie nach ihren individuellen Fähigkeiten dort einzusetzen, wo sie ihren Beitrag leisten können ohne das Gefühl zu haben, abgehängt zu werden. Mitarbeiterbindung ist das Gebot der Stunde“, empfiehlt der Hauptgeschäftsführer.

Erfreulich ist, dass die Integration von Migranten besser zu gelingen scheint, als zunächst angenommen. „Die Ausbildung junger Eingewanderter gelingt mit viel Engagement der Betriebe  auch hier am Niederrhein. Was allerdings zunehmend Besorgnis erregend ist, dass Ausbildungsplätze in den Unternehmen einerseits unbesetzt bleiben und andererseits Jugendliche nach dem Schulabschluss keine Anschlussperspektive haben“, so Dr. Sibben. Hier müssen wir weiter am Ball bleiben, um durch gemeinsame Anstrengungen von Unternehmen, Schulen und Institutionen die Berufswahl- und Studienorientierung von jungen Menschen zu unterstützen.“

Im kommenden Jahr wird das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 70 Jahre alt. „Diesen Geburtstag haben sicherlich nicht viele Menschen im Kalender stehen. Aber er ist für unser Zusammenleben unglaublich wichtig. Unser Grundgesetz ist die Grundlage für das demokratische Miteinander und wir haben seit 70 Jahren das Privileg, frei und gleichberechtigt in diesem Land zu leben und zu wählen“, so Dr. Sibben. 2019 steht neben zahlreichen Kommunalwahlen und drei Landtagswahlen auch die Europawahl an. „Wir tun gut daran, von unserem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Denn nur so schaffen wir es, extremistische Parteien, die mittlerweile auch im Bundes- und in Landesparlamenten vertreten sind, in die Schranken zu verweisen und ihnen die Chance zu nehmen, weiter salonfähig zu werden.“

Und mit Blick auf Europa ist es angesichts der jüngsten Entwicklungen umso wichtiger, dass die Menschen auch bei der Wahl des europäischen Parlaments ihr Wahlrecht nutzen. Europa erlebt durch die neue italienische Regierungskoalition einen weiteren Rechtsruck. In Frankreich gehen die Menschen mittlerweile gegen die Regierung Macron auf die Straße und der für den 29. März 2019 geplante Brexit ist nach wie vor mehr nebulös als klar geregelt.

 Was gibt es 2019 zu tun?

Der Netzausbau ist nach wie vor in vielen ländlichen Gebieten ein großes Anliegen der hier angesiedelten Unternehmen und Selbstständigen. „Es muss ja nicht gleich 5G sein, aber die Vielzahl der Funklöcher in der Region ist nahezu geschäftsschädigend und für ein hochentwickeltes Land wie Deutschland nicht hinnehmbar“, so Dr. Sibben.

Mobilität ist im dichtbesiedelten Westen Deutschlands eines der drängendsten Probleme. Der Individualverkehr und der Güterverkehr – auf der Straße, Schiene oder auf dem Wasser – kommen an die Grenzen des Machbaren und des Zumutbaren. Der Zustand vieler Rheinbrücken ist desolat. „Hier kann es nicht um Dieselfahrverbote gehen. Vielmehr sind durchdachte Infrastrukturkonzepte erforderlich, die den drohenden Verkehrsinfarkt verhindern und die sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll sind.“

Die Unternehmerschaft Niederrhein versteht sich als Interessenvertreter ihrer rund 800 Mitgliedsunternehmen am linken Niederrhein. In zahlreichen Informationsveranstaltungen und Arbeitskreisen werden aktuelle Themen diskutiert und Austauschmöglichkeiten gegeben.

Interessierte finden weitere Informationen unter www.un-agv.de